Kapitel 6: Die Werkstatt
Sie hatte schon mit 7 angefangen an ihrem Würfel zu arbeiten. Kein Kind hatte bisher so jung diese Aufgabe in Angriff genommen. Alle meinten, sie würde es nicht schaffen oder zu lange brauchen. Mit 4 Monden war es keine Rekordzeit. Aber ihr Würfel war sehr ausgefeilt und versetzte so manchen in erstaunen. Zu jedem Würfel mussten die Steuersteine vom Besitzer selbst gebaut werden. Diese waren nach strengen Regeln zu fertigen. Shiraishi wachte über jeden einzelnen Stein der in seiner Werkstatt gemacht wurde und ließ es nicht zu, das mangelhafte Steuersteine durch seine Kontrolle rutschten. Korrekte Steine waren das A und O für einen zuverlässig funktionierenden Kommunikationswürfel. Kahlan war jede freie Minute daran ihren Fundus zu erweitern. Viele Steine bedeuteten viele Möglichkeiten. Jeder Stein war in eine Scheibe eingelassen. Diese Scheibe passte in die Vertiefung am Würfel. Aus den verschiedenen Kombinationen der Scheiben konnte man Verbindungen zu den verschiedensten Orten aufbauen. Da jede Scheibe eine eindeutige Markierung hatte, konnte man Einmal gefundene Verbindungen wieder herstellen. In einem kleinen Buch schrieb Kahlan die Markierungen der Steine und die dadurch gefundenen Orte auf. Da die Überlieferungen der alten Schriften genau vorschrieben, wie die einzelnen Steuersteine auszusehen haben und diese so in die genormten Tabellen der Steuerstein klassifiziert werden mussten, gab es keine Markierung die über eine Zahl von 255 Steinen hinausging. Mehr Steine gab es laut Gesetz nicht und war auch nicht zulässig.
Kahlan war aber in ihrem Tun schon immer ein besonderes Kind. Obwohl jeder beim verlassen der Werkstatt auf einen versteckt hergestellten unzulässigen Steuerstein überprüft wurde, gelang es Kahlan schon 3 Mal jeweils eine Steuerscheibe hinaus zu schmuggeln. Mit Hilfe dieser leeren Steuerscheiben hatte sie in ihrem Zimmer aus Steinen , die sie am Berg der Werkstatt gesammelt hatte mit viel Mühe und Vorsicht, nicht entdeckt zu werden, schon 2 Steine geschaffen, die keine gültige Markierung hatten. Diese Steine konnten von der Klassifizierung innerhalb der Tabelle liegen. Sie konnten aber auch völlig neue Steine sein, die außerhalb der Klassifizierung, ihrem Besitzer zu ungeahnten und undokumentierten Möglichkeiten verhalfen.
Mit einem dieser Steine experimentierte sie gerade herum. Es war ihr erster Stein den sie zu Hause gemacht hatte. Er trug die von ihr entworfene Markierung „Ni-Go-Roku“ , die für 256 stand. Ob diese Markierung für diesen Stein die Richtige war, konnte sie nicht sagen. Dies könnte nur der Steinmeister über seine Vorrichtung in Erfahrung bringen. Wäre es aber ein Stein, der nicht in die Tabellen passt, würde die Vorrichtung ihn sofort zerstören. Das konnte Kahlan nicht riskieren. So behielt der Stein seine Markierung zusammen mit der Ungewissheit, ob sie stimmt. Das störte Sie nicht. Für sie war der Stein etwas ganz besonderes.
Ihr Bruder hatte mittlerweile sein ganzen Modell zum leuchten gebracht. Die kleine Energieflamme neben ihrer Zimmertür flackerte schon sehr unruhig. Offenbar übertrieb Masaru es mal wieder. Kahlans Verbindung zu einem der Nachbardörfer wurde instabil und verschwamm immer wieder etwas. Sie hatte sich dort das geschäftige Treiben auf dem Marktplatz angesehen. Es war für sie nicht von elementarer Bedeutung, aber es ärgerte sie schon, dass Masaru es mal wieder schaffte mit seinem unnützen Pappmodell die ganze Energie für sich zu beanspruchen. Er war dabei mit einem kleinen Nachbau eines Kampftripolos einen Angriff zu simulieren. Dies war ein Tier mit Flügeln und großen Klauen, die einen schweren Stein als Geschoss für einen Angriff tragen konnten. Tripolos waren selten. Nicht jedes Dorf hatte einen. Nur wenige hatten 2 Tiere. Freilebend konnte man diese Tiere nur selten bewundern. Meist in der Abend.- und Morgendämmerung aktiv und äußerst scheu, sind sie immer versteckt in den großen Wäldern von Batonasud.